Unsere Antworten auf das Märchen vom schönen Outlet in Pohlheim

Wa­rum soll­ten die Pohl­hei­mer ihr Kreuz beim Nein set­zen?

Hierauf antwortet Schöffmann: Pohlheim habe, als der gro­ße Bü­ro­mö­bel­her­stel­ler VOKO plei­te ging, mas­si­ve Ein­schnit­te ma­chen. Pohl­heim müsse als fi­nanz­schwa­che Kom­mu­ne die Wei­chen für die Zu­kunft stel­len.

Das Beispiel VOKO zeigt gerade, dass einzelne Groß-Gewerbesteuer-Zahler ein Risiko für die kommunalen Finanzen darstellen. Pohlheim steht finanziell gut da, das belegen letzte offizielle Zahlen der hessischen Finanzbehörden. Es besteht keine Notwendigkeit, Projekte umzusetzen, die die Lebensqualität der Bürger stark beinträchtigen.
Und wer sich 150 000 Euro für die Meinungsfindung zu Straßenbeitragsgebühren leisten kann und dem 1. Stadtrat 600 Euro im Monat für ein Ehrenamt bezahlt, ist nicht finanzschwach.

Wel­che be­son­de­ren Vor­tei­le hat Pohl­heim zu bie­ten, um ge­gen­zu­steu­ern?

Schöffmann nennt das 36 Hek­tar gro­ße Ge­wer­be­ge­biet Gar­ben­teich Ost und die A5. Man habe schon immer einen Au­to­bah­nan­schluss haben wollen, um Groß-Un­ter­neh­men an­zu­sie­deln. Das sei jetzt mit Neinver gegeben.

Der Autobahnanschluss wurde in Höhe der Raststätte, abseits vom Ort, immer wieder aufgrund der Nähe zum Autobahnanschluss Fernwald von den maßgeblichen Stellen abgelehnt. Die Distanz hat sich durch die Verlegung zum Gewerbegebiet Garbenteich Ost sogar noch verringert.
Die BI setzt auf eine angepasste Gewerbeentwicklung, denn auch dafür sind Flächen vorhanden, wie wir gezeigt haben.

Die BI führt na­tür­lich an, dass durch das Out­let ei­ne land­wirt­schaft­li­che Flä­che weg­fällt? Der Flä­chen­fraß ist al­ler­or­ten zu se­hen, im­mer mehr Wohn­raum ist ja ge­fragt.

Schöffmann betont, das Gelände sei seit fast 20 Jahren für Gewerbe vorgesehen. Es sei im Re­gio­nal­plan nicht als land­wirt­schaft­li­che Flä­che aus­ge­wie­sen. Pohl­heim habe jetzt die Chan­ce auf Weiterentwicklung, Ar­beits­plät­ze und Steu­er­ein­nah­men.

Ein Flächennutzungsplan ist nicht in Stein gemeißelt, er wurde vor langem unter anderen Voraussetzungen beschlossen. Damals spielten Landfraß, Biodiversiät und Klimaschuz noch keine Rolle. Ein solches auf PKW-Verkehr angelegtes Projekt ist nicht mehr zeitgemäß. Auf Arbeitsplätze wird weiter unten eingegangen.

Mit dem Au­to­bah­nan­schluss samt Out­let kommt na­tür­lich ei­ne Mas­se an Ver­kehr in die Stadt?

Schöffmann ist der Meinung, dass die 3000 Au­to­be­we­gun­gen über­wie­gend über die A 5 ab­ge­wi­ckelt werden und die Bun­des­stra­ße 457 zwi­schen Gie­ßen und Lich ent­la­stet würde.

Wer die A5 kennt, weiß ob der Problematik bezüglich der Staus. Bei Stau auf der Autobahn wird auf die Landstraße ausgewichen. Diese 3000 Autos kommen zum bereits bestehenden Verkehr hinzu. Eine Entlastung der B457 ist nicht zu erwarten, da jede Straße zusätzlichen Verkehr regeneriert. Außerdem werden viele Besucher aus Richtung Westen und Osten nicht die Autobahn benutzen.

Den­noch fal­len land­wirt­schaft­li­che Flä­chen weg!?

Schöffmann bescheinigt den landwirtschaftlichen Flächen in Garbenteich Ost mindere Qualität.

Hier stellt sich die Frage, warum sie dann bewirtschaftet werden. Sie sind ertragsschwächer als Wetterauer Böden, aber im Vergleich zu den allermeisten Ackerstandorten weltweit Hochertragsstandorte. Auf den 35 Hektar wächst rechnerisch bei einem durchschnittlichen Ertrag genug Getreide, um ganz Garbenteich mit Brot zu versorgen. Nach Schöffmanns Lesart könnte man also den Großteil der Deutschen Ackerböden ruhig betonieren.

Der Frage nach dem Ge­wer­be­ge­biet in Hau­sen ist nichts hinzuzufügen.

Wie lang exis­tiert die Out­let-Idee im Ge­wer­be­ge­biet Gar­ben­teich Ost ei­gent­lich?

Hier bestätigt Schöffmann, dass die Planung für ein Factory-Outlet-Center (FOC) schon zu Beginn seiner Amtszeit auf seinem Schreibtisch lag.

Leider hat er dies auch auf Nachfrage in der ersten Infoveranstaltung in Garbenteich nicht erwähnt. Er hat damals behauptet, noch nicht zu wissen, was dort hinkomme – und damit den Pohlheimer Bürgern wissentlich nicht die Wahrheit gesagt. Begründet hat er dies hinterher mit einem Stillschweigeabkommen im Sinne des Investors. Vor diesem Hintergrund muss man alle seinen Aussagen zur Durchsetzung des Projektes betrachten.

Was hat Ih­nen bei der in­ter­nen Kon­zept­vor­stel­lung ge­fal­len?

Schöffann findet das Vor­ha­ben schlüs­sig, räumt aber ein, dass Ein­zel­han­dels­unternehmen Um­satz­ein­bu­ßen er­le­ben werden. Er wolle al­ler­dings die Ba­lan­ce bewahren, indem be­stimm­te Din­ge nicht im Out­let ver­kauft wer­den sollen.

Die Balance ist bei einem solchen Projekt von Anfang an nicht gegeben. Es lebt von der Größe, dem billigen Landerwerb und dem Vorteil, nicht die Mieten in den Innenstädten bezahlen zu müssen. Eine Einschränkung des Sortiments in einem Bekleidungs-Outlet ist nicht darstellbar.

Zwei Mil­lio­nen Out­let-Be­su­cher sind jähr­lich in Gar­ben­teich an­ge­peilt. Wo ist da die Ba­lan­ce?

Schöffman vergleicht die geplanten 3 Mio. Besucher in Garbenteich mit Gießen (4 Mio., Neustädter Tor) und Wetzlar (6 Mio., Fo­rum). Er glaubt, man könne ein Out­let auf freiem Feld im Ein­klang mit der Na­tur bau­en.

Das ist Schönfärberei und die angedachte parkähnliche Anlage nur Kosmetik. Den schützenswerten Arten der Feldflur, die heute dort anzutreffen sind (z.B. Feldlerchen), wird von diesem Disneyland die Lebensgrundlage entzogen.
Und der Vergleich mit Gießen und Wetzlar zeigt das ganze Problem in Schöffmanns Denkweise: Das sind Oberzentren mit entsprechender Infrastruktur. Nicht nur Autobahnen, sondern auch viele weitere mehrspurig ausgebaute Straßen und ein leistungsfähiger öffentlicher Nahverkehr sind dort gegeben. Die Infrastruktur im Unterzentrum Pohlheim ist schon jetzt überlastet und kann noch mehr Verkehr nicht aufnehmen.

Könn­te der Mehr­wert auch ein Frei­zeit­park sein, den vie­le be­fürch­ten?

Dem erteilt Schöffmann eine Absage. Man werde dort spa­zie­ren ge­hen kön­nen.
Das kann man heute schon sehr gut, ohne Massenandrang, Lärm und Abgasemissionen.

In Rop­pen­heim gibt es kei­ne di­rek­te Wohn­be­bau­ung. In Gar­ben­teich schon!?

Hier beschwichtigt Schöffmann und betont, es werde die Lan­des­stra­ße vom Ort weg ver­legt und ein Schutz­wall gebaut. Er se­he das FOC als ver­träg­li­che Lärm­quel­le an. Es gebe viel­leicht ein­mal ein Moon­light-Shop­ping als Aus­nah­me.
Auch hier kritikloses Wunschdenken: Denn der Verkehr im gesamte Umfeld wir stark zu nehmen, ebenso die Schadstoffbelastung. Ein Erdwall wird die Situation kaum verbessern, das Gebiet liegt wesentlich höher als der Ort.
Von einem Moonlight-Shopping zu sprechen ist eine Verharmlosung. Sonntags-Events, vor allem im Advent, und ständige Aktionen sind in FOCs üblich.

Die Dorf-Gül­ler sind auch nicht er­baut. Es gibt be­reits Trans­pa­ren­te, dass nicht noch mehr Ver­kehr durch den Ort ge­führt wer­den soll. Was sa­gen Sie den Bürg­ern im klein­sten Stadt­teil Pohl­heims?

Schöffmann stellt hier ein Durch­fahrts­ver­bot für den Schwer­last­ver­kehr in Aussicht.

Diese Aussage ist unredlich und suggeriert Verbesserungen, die völlig unrealistisch sind. Schöffmann weiß genau, dass ein solches Verbot nicht in seinem Einflussbereich liegt und nicht zu erreichen sein wird. Viele Beispiele noch stärker belasteter Orte zeigen das.

In Dorf-Güll ist es aber schon sehr eng im Orts­kern!?

Schöffmann behauptet, der Au­to­bah­nan­schluss bei Gar­ben­teich werde die Anwohner entlasten.
Es gibt bereits den Autobahnanschluss Fernwald, 1,5 km vom geplanten entfernt, ein weiterer ist nicht genehmigungsfähig – außer man stellt alle bisherigen Aussagen der Planungsbehörden auf den Kopf. Der neue A5-Anschluss soll nur weiteren Verkehr nach Pohlheim ziehen, um das Outlet wirtschaftlich zu machen. Es wird mehr Verkehr geben, daran wird die Verlegung der Landstraße nichts ändern.

Soll­te das Out­let ent­ste­hen, dann wird es zwi­schen Hau­sen und Gar­ben­teich bis zur Au­to­bah­nü­ber­füh­rung vie­le Krei­sel ge­ben!?

Schöffmann hofft, dass der Verkehr zwar mehr, aber durch viele Kreisel langsamer und leiser wird, außerdem geht er von weniger Unfällen aus.

Ein Mehr an Verkehr als Argument für Verkehrsberuhigung heranzuziehen ist hanebüchen. Auf der A5 wird es erfahrungsgemäß, wie bei anderen solchen Großprojekt auch, in Stoßzeiten zu Rückstaus auf die Autobahn kommen. Die Feuerwehreinsätze, die dort bei Auffahrunfällen notwendig sein werden, zahlt wieder die Allgemeinheit. Auch kommt es bei solchen Unfällen immer wieder zu Toten, die sich die FOC-Planer dann auch auf die Fahnen schreiben dürfen.

Wie sieht es jetzt mit den mo­ne­tä­ren Aspek­ten ei­nes Out­lets aus?

Schöffmann betont, dass das FOC nicht die ganze Fläche benötigt, und er nennt des Outlet in Metzingen als Beispiel für wirtschaftlichen Erfolg.

Wenn das FOC nicht das ganze Gebiet benötigt, heißt das nur, dass weiteres Gewerbe zu noch mehr Belastungen führen wird.
Für verschiede Aspekte müssen die Befürworter immer andere Outlets als Beispiele heranziehen, diesmal Metzingen für die Wirtschaftlichkeit. Metzingen ist aber nicht vergleichbar, da es ein Innenstadt-Outlet ist und keines auf der grünen Wiese. Metzingen und seine Infratruktur sind deutlich größer als Pohlheim und erst recht als Garbenteich.
Unser Beispiel: Die Landesregierung Sachsen-Anhalt antwortete auf eine Kleine Anfrage zum Outlet-Center Sandersdorf-Brehna (Leipzig, 18 000 m2 Verkaufsfläche), dass 2017 an Gewerbesteuer 1.502,- € und an Grundsteuer 64.902,- € angefallen sind. Das Outlet wurde 2014 eröffnet. Dort wurde zuvor auch von Millionen-Einnahmen gesprochen.

Was für Ne­ben­ef­fek­te er­hof­fen Sie sich durch ein Out­let?

Hier hofft Schöffmann auf Tourimus für Pohlheim. Im Out­let werde es Ak­tio­nen ge­ben, und dort könne man für Pohl­heim und das Um­land werben.
Es ist zu bezweifeln, dass jemand, der 2 Stunden mit dem Auto zum Shoppen fährt, sich für die Grüninger Warte oder den Limeswachturm interessiert. Außerdem ist Tourismus kein Wert an sich; was spricht dagegen, dass sich Pohlheimer ohne Massenandrang am Limes oder dem Hoinkdippe erholen können? Das FOC wird übrigens alles dafür tun, die Besucher in seinen Mauern zu halten, um keine Umsätze abfließen zu lassen. Deshalb gibt es dort immer auch Cafés, Restaurants und Eisdielen.

Was är­gert Sie bei den Dis­kuss­io­nen um das FOC?

Bei der von Schöffmann beklagen Schwarz­weiß-Mal­erei ist er für das strahlendste Weiß verantwortlich.

Wie sieht das Ri­si­ko der Stadt aus, auf Kos­ten sit­zen zu blei­ben, soll­te das Out­let nicht kom­men?

Alle Kosten werden laut Schöffmann vom privaten Investor getragen.
Neinver hat allerdings auch schon FOCs verkauft. Was sind Verträge dann noch wert, und wie steht es mit dem Rückbau der Gebäude und Instandsetzung der Fläche, wenn das FOC pleitegeht? Uns wird die Ruine bleiben.
Auch teure Ausbauten des Kanalnetzes in Garbenteich, um das Wasser der versiegelten Fläche aufzunehmen , wird Neinver nicht bezahlen – oder auch Schäden durch Überflutungen.

Über Ar­beits­plät­ze ha­ben wir noch gar nicht ge­re­det. Wie sieht es da­mit aus?

Schöffmann rechnet mit 1500 Arbeitsplätzen und spricht beim FOC von einem Haupt­tref­fer.

Bei der Vorstellung des Projektes im Oktober 2017 waren es noch 700 Arbeitsplätze. Diese werden nicht neu entstehen, sondern woanders wegfallen. Wir würden gerne hören, was Schöffmann einer Verkäuferin sagt, die ihren Job in einem inhabergeführten Bekleidungsgeschäft verliert, weil dieses zumachen muss, und zu schlechteren Konditionen im FOC anfangen darf. Die Steuern eines alteingesessenen Geschäfts bleiben übrigens in der Region, die Ketten im FOC wissen, wo sie am wenigsten zahlen müssen.
Es werden auch nicht nur Pohlheimer dort arbeiten, d.h. noch mehr Verkehr durch Pendler.

Was pas­siert, wenn der Bürg­er­ent­scheid im Sin­ne der BI ent­schie­den wird?

Schöffmann stellt für diesen Fall in Aussicht, dass ein alter Aufstellungsbeschluss aus dem Jahr 2000 umgesetzt würde – ohne FOC, oh­ne Ver­le­gung der Lan­des­stra­ße und oh­ne Au­to­bah­nan­schluss.

Die Fläche in Garbenteich Ost blieb trotz dieses alten Aufstellungsbeschlusses bis heute unberührt. Dieser Aufstellungsbeschluss ist deutlich kleiner und seine Gültigkeit steht in Frage. Ein „Ja“ beim Bürgerentscheid wird daher die angedachte Umsetzung eines für die Region schädlichen Megaprojektes stoppen. Die Karten werden komplett neu gemischt.