Der Bürgermeister von Garbenteich – Karl Maid – saß Anfang der 60iger Jahre in einem Dorflokal und sprach von Planungen mit Franz Vogt, die Fabrikation von Büromöbeln der Gießener Firma Voko in Garbenteich anzusiedeln. Große Pläne, Garbenteich sollte reich, Arbeitsplätze sollten geschaffen werden. Es wurde dann neben der Fläche für Fabrik und Parkplätze auch das Gelände des Wasserhauses als Gelände für ein Privathaus des Industriellen übereignet. Der Unternehmer konnte mit gerader Zufahrt zur Produktionsstätte residieren.
Noch großteils durch Landwirtschaft geprägt wurde Grabenteich so der Standort eines Weltunternehmens. Landwirte fanden Arbeit und auch der Verfasser hat in Ferien 4 Wochen für etwa 4 DM Stundenlohn in Schichtarbeit Möbel hinter der Endkontrolle auf Versandfelder geschafft. Das Fotoatelier der Firma Voko war lange Zeit im 300qm Saal Saal der Dorfkneipe eingerichtet. Ein Hauch von Welt – hier wurden Möbel mit Fotomodellen für die weltweiten Prospekte der Firma Voko abgelichtet. Der Reichtum blieb dann doch nicht wie zunächst erhofft in Garbenteich allein hängen, die kurze Zeit später entstandene Großgemeinde Stadt Pohlheim profitierte von den Steuereinnahmen.

Der Plan ging knapp 30 Jahre lang auf, am Ende stand ein langer Leerstand der Fabrikhallen, die Residenz wurde – ein nahezu exemplarischer Vorgang im Übergang von der Produktions- zur Dienstleistungsgesellschaft – zu einem FKK Haus der Freude. Noch heute zeugen leere, ungenutzte Parkplätze vom Gang der Geschichte. Flächenversiegelung war in den 6oiger Jahren noch kein großes Thema. Ein Rückbau wurde nie erwogen, derartig umgewandelte Flächen sind für die landwirtschaftliche Nutzung auf viele Jahrzehnte, Jahrhunderte verloren.

Nun sind wir knapp 50 Jahre weiter, Flächenversiegelung – „Landschaftsfraß“ – ist ein Thema. Die Anlässe zur Sorge um die Zukunft der Menschheit haben in großen Teilen der Bevölkerung den naiven Glauben an endloses Wachstum abgelöst. Und da kommt Geld aus Spanien – nicht aus Gießen und sucht eine Stelle für Investitionen, eine Stelle um Gebern Profit zu bringen. Auf einer Versammlung der Bürgerinitiative Garbenteich nüchtern und im Rahmen der Möglichkeiten belegt vorgebrachte Argumente gegen ein FOC in Garbenteich (STICHWORTE: Flächenversiegelung durch FOC, durch einen geforderten Autobahnanschluss, Verlust weiterer landwirtschaftlicher Fläche, Verlust eines Naherholungsraumes für die Bevölkerung, Argumente gegen den Anstieg des Verkehrs durch Schaffung von in dieser Region nicht erforderlichen Konsummöglichkeiten, berechtigte Zweifel an Vorteilen für die Gemeinde bzgl. Steuer und Arbeitsplätze) werden vom menschliche Vertreter des Geldes (Herr Sommer) als unsachlich abgetan. Durch staatliche Entwicklungsvorgaben (Land, Bund) begründete rechtlich Hemmnisse werden von Herrn Sommer lediglich als zu überwindende Faktoren wahrgenommen. Als Argumente für ein FOC nennt er, Hessen habe als einziges Bundesland kein FOC, Investition braucht geeignete Standorte, Objekte. Seine Aufgabe ist solche zu suchen.

Ich frage mich: Welchem Zustand glückseliger Gedankenlosigkeit können wir uns in Pohlheim erlauben? Pohlheims Bürgermeister nimmt die Chance nicht wahr, dem skeptischen Teil des Wahlvolk in der „Volkshalle Pohlheim“ seine Sicht der Dinge nahe zu bringen. Dass in Spanien die Situation in Pohlheim nicht interessiert, ist nicht verwunderlich. Wir Menschen tun uns leider Schwer, unsere Interessen und die unserer Nachkommen durch sorglichen Umgang mit unserem einzigen Lebensraum Erde zu wahren. Im eigenen Umfeld sollten wir keinesfalls die Entwicklung der Zerstörung aus Wirtschaftsinteressen freudig mit tun, zumal die versprochenen Segnungen höchst zweifelhaft erscheinen.

Was bringen uns die kurzfristigen Interessen spanischer Geldgeber, ziehen sich oft möglichst schnell wieder von ihren Objekten zurück, wenn der Profit gemacht ist. Geht es hier um die Wünsche von Politikern nach Denkmälern, die langfristigen Folgen trägt die Allgemeinheit? „Große Politik“ ist der Verzicht auf kurzfristigen Gewinn, um der Sicherung unserer Zukunft und der Zukunft nachfolgender Generationen willen.
So hoffe ich auf ein Ja für Pohlheim, eine Ablehnung des FOCs. Für die Volksvertretung sollte dann ein solches Votum den Impuls für eine nachhaltige Entwicklungsplanung für Pohlheim in Zusammenarbeit mit allen Gemeinden der Region bedeuten – die 30 Jahre Voko waren schnell vorbei.

14.08.2018

Dr. Wilmar Steup
Pohlheim Hausen
Waldstraße 20