Das große Ziel ist mehr als erreicht. Hätten Sie von vornherein gedacht, dass sich so viele Pohlheimer beteiligen werden?

Wir haben unsere Initiativ vor acht Wochen gestartet, und die anfängliche Resonanz war so gering, dass ich schlaflose Nächte erlebt habe. Wir haben das Bürgerbegehren in verschiedene Phasen aufgeteilt und hatten natürlich Pläne für das Worst-Case-Szenario. Wir hätten also reagieren können, wenn es notwendig gewesen wäre. Das wurde nun allerdings nicht notwendig, da sich genug mündige Pohlheimer Bürger für unseren Weg des Bürgerentscheids entschieden haben. Jetzt haben die Wähler das Wort.

Immer wieder hat man gehört, es sei den Menschen schwer zu vermitteln gewesen, was Bürgerbegehren und ein sich anschließender Bürgerentscheid bedeuten? War das so, die Zahl der vorliegenden Unterschriften sagt eigentlich etwas anderes?

In der Tat, im persönlichen Gespräch mit den Bürgern wurde uns schnell klar, dass vielen das Was, Warum und Wieso in punkto Verfahren Bürgerbegehren/Bürgerentscheid nicht bewusst war. Hier mussten wir viel Aufklärung leisten. Lassen Sie mich an dieser Stelle auch sagen, die allgemeine Politikverdrossenheit ist auch darauf zurückzuführen, dass es den Bürgern extrem schwer gemacht wird, aktiv ihre Ziele und Meinungen vertreten zu können. Dass am Ende doch fast 3000 Pohlheimer Bürgerinnen und Bürger ihre Unterschrift geleistet haben, ist ein super schöner Erfolg für die BI und ihrem Helferteam, das unzählige Gespräche geführt und Stunden investiert hat.

Am Wochenende gab es noch einmal Info-Stände. Wie viele Unterschriften haben Sie noch gesammelt?

Das letzte Wochenende war noch einmal ein richtig guter Erfolg für uns. Viele Listen »schlummerten« noch zu Hause. Alleine am letzten Wochenende kamen etwa 500 Unterschriften dazu. Wir sind an allen Infoständen ermutigt worden, weiter zu machen. Wir haben erst einen Etappensieg geschafft, die Tour (den Entscheid) müssen wir erst noch zu Ende fahren und gewinnen. Aber ich bin und bleibe angesichts der großartigen Anzahl an Unterstützern absolut zuversichtlich.

Kamen mehr Bürger aktiv zu den Info-Ständen oder wurden eher Listen eingereicht?

Es wurden in der Tat mehr Listen eingereicht. Die Infostände haben wir ganz bewusst genutzt, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren. Es gab aber auch Unterstützer, die direkt zu mir nach Hause kamen und unterschreiben wollten. Das war eine sehr interessante Erfahrung und hätte ich nie für möglich gehalten. Vielen Dank dafür an dieser Stelle an diese mündigen Bürger.

Können Sie sagen, wie viele Listen voller Unterschriften von Befürwortern des Bürgerbegehrens weitergeleitet wurden, die sie bisher nicht kannten? Es waren zumindest den örtlichen Zeitungen und den Pohlheimer Nachrichten Listen beigelegt worden.

Ich möchte und darf natürlich hier aus Datenschutzgründen keine Namen nennen. Aber es waren Unterschriften von Personen dabei, von denen ich nie geglaubt hätte, dass diese uns unterstützen. Die BI hat etwa 200 aktive Mitglieder. Dass bei ca. 3000 Unterschriften natürlich immer mal welche dabei sind, die wir nicht kannten, versteht sich von selbst.

Wie viele Helfer waren im Kern für die BI Garbenteich während der fast acht Wochen unterwegs? Was haben die so auf ihren Streifzügen durch Pohlheim erlebt, negatives wie positives?

Der harte Kern bestand natürlich aus dem Vorstand der BI. Daneben wurden wir sehr aktiv von den Grünen unterstützt. Insgesamt war unser Helferteam etwa 60 Personen stark. Und das schöne dabei ist: wir können auf dieses Team auch beim bevorstehenden Entscheid zurückgreifen.

Was hat die BI bisher zahlen müssen? Und hat das BID aus Gießen bereits zugesagt, die Kosten zu übernehmen?

Die BI als e.V. hat bis heute 48,20 Euro für das Bürgerbegehren gezahlt. Das BID Gießen hat keine Leistungen bis jetzt übernommen oder irgendwelche Zuwendungen an uns geleistet. Das Marktquartier Gießen e.V. hat bis jetzt ungefähr Leistungen in Höhe von 3.000 Euro für uns übernommen, dazu zählen die Kosten für die Flyer und die Beilagen in den Zeitungen und die vier Planen für den Wahlkampf. An dieser Stelle möchte ich gerne hinzufügen, diese Kosten hätte die BI auch aus eigenen Mitteln ohne Probleme bestreiten können, wir wollten aber bewusst für den Bürgerentscheid unsere eigenen Mittel aufbewahren. Aber sehr gerne sind wir hinsichtlich unserer finanziellen Unterstützung absolut transparent. Wir haben keine Gehemnisse.

Die erste Hürde ist übersprungen. Jetzt prüft die Verwaltung die Unterschriften. Wie geht es für die BI weiter, wenn die Verwaltung grünes Licht für den Bürgerentscheid gibt?

Nach diesem für uns grandiosen Erfolg des Bürgerbegehrens werden wir jetzt erst mal durchschnaufen. Die letzten acht Wochen waren – begleitet durch viele massiven Behinderungen – extrem anstrengend. Aber das ermutigt mich erst recht, weiter zu machen. Ich freue mich über ein super Team, das mich unterstützt und jeden Tag motiviert, weiter zu machen. Es gibt momentan zwei verschiedene konkrete Planungen, je nachdem, wie wir weitermachen. Aber dazu müssen wir erst einmal abwarten, was die Politik hinsichtlich des Bürgerentscheides machen wird. Also: Stück für Stück. Lassen Sie mich am Schluss noch einen herzlichen Dank an alle Bürgerinnen und Bürger von Pohlheim aussprechen. Pohlheim kann Demokratie. Für ein L(i)ebenswertes Pohlheim! Vielen Dank an alle Unterstützer.

Das Interview führte Ernst Weißenborn vom Gießener Anzeiger am 09.04.2018